Pressemitteilung zum 14.03. + 15.03.2019

Pressemitteilung von Copwatch Hamburg zum Internationalen Tag gegen Polizeigewalt am 15.03.2019 und der rassistischen Polizeimaßnahme am 14.03.2019 in der St. Pauli Hafenstraße

Im Rahmen des Internationalen Tags gegen Polizeigewalt fanden am 15. März in mehreren deutschen Städten Aktionen mit dem Fokus auf rassistische Polizeigewalt statt. Organisiert wurden die Aktionen von einem Bündnis bestehend aus der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt sowie den Copwatch-Initiativen vor Ort.

In Hamburg zog eine lautstarke Demonstration mit rund 400 Teilnehmer*innen unter dem Motto „Rassistische Polizeigewalt stoppen! „Gefährliche Orte“ abschaffen!“ durch den so genannten „gefährlichen Ort“ St. Pauli. Dazu erklärt Martina Vega von Copwatch Hamburg: „Insbesondere in den so genannten „gefährlichen Orten“ in Hamburg werden unter dem Vorwand der Drogenbekämpfung tagtäglich Schwarze Menschen und People of Color kontrolliert. Diese Kriminalisierung und Stigmatisierung von Nachbar*innen und Besucher*innen des Stadtteils haben nichts mit Drogen zu tun, sondern mit Rassismus.“

Auf der Demonstration sprachen und performten Aktivist*innen vom African Terminal, der Initiative in Gedenken an Yaya Jabbi, Asmaras World, NINA – womeN IN Action, die Performancegruppe Arrivati, Gedenkinitiative Semra Ertan, Lampedusa in Hamburg, Kan Kilin, die St. Pauli Perlen sowie von rassistischen Kontrollen betroffene Anwohner*innen.

Zum Beispiel berichtete eine Aktivistin von Asmaras World, die auf St. Pauli – unter anderen auch im „Raum der Solidarität“ der Kan-Kilin-Gruppe – Deutsch unterrichtet: „Jugendliche, die versuchen, sich nachmittags weiterzubilden, werden kontrolliert auf dem Weg zu uns. Und warum? Weil sie anders aussehen! Auch ich, in Begleitung von zwei Jugendlichen, wurde auf dem Weg zu einem Treffen kontrolliert. Der Grund: „Auf St. Pauli herrscht ein Drogenproblem!“ Was das mit den von der Kontrolle Betroffenen zu tun habe, fragte jemand. „Ja, wie sehen die denn aus?“, war die Antwort.“

Zwei Aktivist*innen des African Terminal lasen aus ihrer Erklärung „Black Lives Matter, St. Pauli: Stoppt die rassistischen Polizeikontrollen!“: „Seit Frühjahr 2018 sind nicht weniger als 60 Beamte der sogenannten Taskforce im Einsatz, angeblich um St. Pauli drogenfrei zu machen. Tatsächlich sind es jedoch die Bande der Solidarität zwischen lokalen Netzwerken und Geflüchteten, die durch das Wirken der Polizei angegriffen werden. Schwarze Menschen können die Straßen St. Paulis nicht mehr als öffentlichen Raum nutzen. Das muss jetzt aufhören.“

So wurden am vergangenen Donnerstag mehrere Schwarze Personen, die sich im öffentlichen Raum um die Hafenstraßenhäuser aufhielten, über Stunden hinweg von rund 100 Polizist*innen festgehalten, durchsucht und verhaftet. Wie sich später herausstellte, war dies eine bereits langgeplante Aktion der Polizei Hamburg in Zusammenarbeit mit der Ausländerbehörde und der gambischen Regierung. Die Verhafteten wurden einer eigens dafür eingeflogenen gambischen Delegation vorgeführt, um die Einleitung von Abschiebungen vorzubereiten.

Ein Betroffener dieser rassistischen Maßnahme berichtete: „Es endete jedoch nicht mit der Kontrolle und den Festnahmen am Nachmittag. Abends wurden weitere Schwarze Leute auf den Straßen kontrolliert und auf die Polizeiwache gebracht. Es ging dabei eindeutig darum, so viele Menschen wie möglich vor die gambische Delegation zu führen. Dabei versuchten sie uns mit falschen Versprechungen wie der Aussicht auf eine Arbeitserlaubnis oder ein besseres Leben in Deutschland und Drohungen, unsere Sachen, die sie uns vorher weggenommen hatten, nicht wiederzugeben, zum Sprechen zu bringen. Außerdem beschimpften sie uns auf Mandinka, damit wir reagieren sollten. Ziel der gambischen Delegation ist es, durch Sprache unsere Herkunft zuzuordnen, um uns gambische Papiere auszustellen, mit denen wir abgeschoben werden sollen.“

Eine anwesende Nachbarin, die am Donnerstagnachmittag Zeugin der Polizeimaßnahme wurde, stellt fest: „Aktuell sollen vermehrt Menschen nach Gambia abgeschoben werden, obwohl die Lage weder wirtschaftlich noch politisch stabil ist und die Betroffenen dort keine Perspektive haben. Durch diese neuartige Zusammenarbeit der unterschiedlichen Behörden wird sichtbar, dass die Bekämpfung des Drogenhandels nur als ein vorgeschobenes Argument dient, um in Wirklichkeit die europäische Abschottungspolitik umzusetzen. Dabei sind die Toten im Mittelmeer und auf den Fluchtrouten eine Seite der menschenverachtenden europäischen Flüchtlingspolitik, die systematische Entrechtung von Geflüchteten in den Ländern Europas und die zunehmenden Abschiebungen die andere Seite.“

Wir werden uns weiterhin nicht daran gewöhnen, was vor unseren Haustüren passiert und verweigern uns der Normalisierung rassistischer Zustände. Schluss mit den rassistischen Polizeimaßnahmen in unserer Nachbarschaft – und überall! Unsere ausdrückliche Solidarität gilt den Betroffenen! Abschiebungen stoppen! Migration ist kein Verbrechen! Bleiberecht für alle!

Copwatch Hamburg

Hamburg, 16.03.2019

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