Info Deutsch

Handlungsvorschläge und Informationen für Betroffene & Zeug*innen bei rassistischen Polizeikontrollen

Rassistische Kontrollen sind häufig nur der Anfang weiterer Gewalt. Sie haben oftmals Fest- oder Ingewahrsamnahmen zur Folge. Für illegalisierte Personen besteht die Gefahr in Abschiebehaft genommen zu werden.

Deshalb ist es wichtig als Betroffene*r die eigenen Rechte zu kennen und als Zeug*in bei einer rassistischen Polizeikontrolle nicht wegzusehen, sondern praktische Solidarität mit Betroffenen zu zeigen sowie der Polizei zu signalisieren, dass ihre Maßnahmen nicht unbeobachtet bleiben.

Du bist Betroffene*r einer rassistischen Polizeikontrolle? – Know your rights!
  1. Versuche ruhig zu bleiben und erkundige Dich bei den Polizist*innen nach dem Grund der Kontrolle und warum sie ausgerechnet Dich kontrollieren. Notiere Dir die Antwort. Weise sie auf das Verbot von diskriminierenden Kontrollen hin. Bei Kontrollen durch Personen ohne Uniform, solltest Du zunächst nach dem Dienstausweis verlangen.
  2. Bei einer Kontrolle darf die Polizei Deine Identität feststellen und Deine mitgeführten Sachen von außen betrachten und befühlen. Die Polizei darf Deinen Namen, Geburtsdatum, Geburtsort und -land, Staatsangehörigkeit, Beruf, Familienstand und Meldeadresse erfragen. Auf weitere Fragen musst Du keine Antwort geben. Bedenke, dass alles was Du sagst gegen Dich verwendet werden kann. Mache daher keine weiteren Angaben oder Aussagen!
  3. Widersprich in jedem Fall den Maßnahmen und verlange, dass dies protokolliert wird.
  4. Polizist*innen sind verpflichtet Dir auf Nachfrage ihren Namen bzw. ihre Dienstnummer mitzuteilen. Frage danach und notiere Dir die Antwort. Wenn die Polizist*innen die Herausgabe verweigern, verlange nach der Einsatzleitung.
  5. Du hast das Recht auf einen Beistand (§ 14, Abs. 4, Verwaltungsverfahrensgesetz), d.h. eine Person, die Du bei der Kontrolle dabei haben willst und die diese beobachten darf. Dabei ist egal, ob Du die Person kennst oder nicht. Bestehe darauf, dass Dein Beistand dabei bleibt, auch wenn die Polizei versucht die Person wegzuschicken.
  6. Bitte Personen um Dich herum stehen zu bleiben und Zeug*innen oder Beistand zu sein. Frage sie nach der Kontrolle nach ihren Kontaktdaten und ob Du sie als mögliche Zeug*innen kontaktieren darfst.
Im Fall einer Ingewahrsamnahme / Festnahme
  1. Um Dich und Andere nicht zu belasten, gilt generell: Mache keine Aussagen oder unnötigen Angaben – weder bei der Polizei noch vor der Staatsanwaltschaft oder beim Gericht. Auf der Polizeiwache unterschreibe nichts und widersprich allen Maßnahmen! Verlange, wenn nötig, immer nach einer*einem Übersetzer*in.
  2. Du bist nur verpflichtet Angaben zu Deinem Namen, Geburtsdatum, Geburtsort und -land, Staatsangehörigkeit, Beruf, Familienstand und Meldeadresse zu machen.
  3. Du hast ein Recht darauf erfolgreich jemanden anzurufen, z.B. einen Rechtsanwält*in (Notdienst der Strafverteidiger*innen Hamburg: 0171-6105949) oder einen Freund*in, dieder Unterstützung organisiert.
  4. Lass Dich nicht einschüchtern! Manchmal drohen Polizist*innen mit Abschiebung oder versprechen die Freilassung, wenn Du Aussagen machst. Glaube ihnen das nicht: Sie entscheiden nicht darüber!
  5. Falls Sachen oder Geld von Dir beschlagnahmt werden, bestehe darauf, ein Protokoll zu erhalten. Du musst und solltest das Protokoll nicht unterschreiben, auch wenn die Polizist*innen das von Dir verlangen.
  6. Wenn nur Deine Identität festgestellt werden soll, darf die Polizei Dich maximal 12 Stunden festhalten. Bei behaupteten ‚Straftaten‘ musst Du sofort, jedoch spätestens vor Ablauf des nächsten Tages der*dem Haftrichterin vorgeführt werden, die*der über eine mögliche Haft oder Freilassung entscheidet.
Du beobachtest eine rassistische Polizeikontrolle – was tun?!
  1. Tritt zunächst mit etwas Abstand an die Kontrolle heran und sprich die betroffene Person an, ob sie Deine Unterstützung braucht. Biete Dich als Beistand (§ 14, Abs. 4, Verwaltungsverfahrensgesetz) an. Mach klar, dass Du mit der betroffenen Person solidarisch bist und in ihrem Interesse handeln möchtest. Eine Kontrollsituation ist für Betroffene zumeist unangenehm. Nimm die Wünsche der betroffenen Person ernst. Wenn sie Deine Unterstützung ablehnt, geh weiter.
  2. Polizist*innen reagieren häufig aggressiv, wenn ihre Maßnahmen kritisch begleitet werden. Dies kann Dich, aber vor allem auch die kontrollierte Person treffen. Lass Dich deshalb nicht provozieren und versuche deeskalierend und ruhig zu reagieren. Die Polizei wirft Dir möglicherweise vor, die Kontrolle zu stören und droht z.B. einen Platzverweis an. Falls die Polizist*innen Dich auffordern zu gehen, entferne Dich nur so weit, dass Du weiterhin die Kontrolle beobachten kannst. Wenn die betroffene Person Dich als Beistand akzeptiert hat, darf die Polizei Dich nicht einfach wegschicken.
  3. Sprich die Polizist*innen an und frag sie nach dem Grund der Kontrolle. Notiere Dir die Antwort. Weise sie auf das Verbot von diskriminierenden Kontrollen hin. Frag auch nach den Namen bzw. Dienstnummern der Beamt*innen und notiere Dir diese. Polizist*innen sind rechtlich dazu verpflichtet diese mitzuteilen. Tun sie dies nicht, verlange nach der Einsatzleitung. Wichtig: Wenn die Kontrolle von Personen in Zivil durchgeführt wird, lass Dir den Dienstausweis zeigen.Du kannst die Kontrollsituation dokumentieren, in dem Du Fotos machst (keine Nah- bzw. Einzelaufnahmen!) oder filmst. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, da die Polizei dies oft zum Anlass nimmt, Handys zu beschlagnahmen, Deine Daten aufzunehmen oder Dich anzuzeigen.
    Wenn Du Dich entscheidest zu fotografieren/filmen, teile den Beamt*innen mit, dass Du dies nur zu Dokumentationszwecken tust und nicht beabsichtigst, die Aufnahmen zu veröffentlichen. Grundsätzlich gilt: Sei vorsichtig bei der (unverpixelten) Veröffentlichung von Fotos/Videos, da diese Dich und Andere gefährden können!
  4. Wenn die kontrollierte Person von der Polizei mitgenommen werden soll, frage die Person nach ihrem Namen, Geburtsdatum und ggf. ihrer Meldeadresse. Achte dabei auf die korrekte Schreibweise des Namens. Frage, ob Du für sie einen Freundin oder Rechtsanwältin informieren sollst. Erkundige Dich bei den Polizist*innen, wo die Person hingebracht werden soll. Notiere Dir alle Antworten.
  5. Ist die Kontrolle vorbei, ohne dass die betroffene Person von der Polizei mitgenommen wurde, frage sie, ob sie weitere Unterstützung braucht. Biete ihr an, ihr Deine Kontaktdaten mitzugeben für den Fall, dass sie im Nachhinein gegen die Kontrolle juristisch vorgehen möchte und Zeug*innen braucht
Du warst Betroffener oder Zeugin einer Kontrolle – und jetzt?!
  1. Wenn Du von der Polizei körperlich verletzt wurdest, dokumentiere Deine Verletzung per Foto. Lasse Dich zudem am besten sofort ärztlich untersuchen und Dir Deine Verletzungen attestieren.
  2. Fertige zeitnah ein Gedächtnisprotokoll an. Dieses ist wichtig, falls es zu einem Gerichtsprozess kommt. Notiere Dir so genau wie möglich, was Du erlebt/beobachtest hast, wann und wo die Kontrolle stattgefunden hat sowie wer daran beteiligt war. Füge die Informationen hinzu, die Du in der Kontrollsituation erfragt hast.
  3. Generell besteht für Betroffene und Zeug*innen die Möglichkeit, formlos eine Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Polizeipräsidentschaft des Bundeslandes einzureichen oder Du wendest Dich an die polizeiliche Beschwerdestelle. Erhoffe Dir aber nicht zu viel davon und suche Dir vorher Beratung.
  4. Du musst Vorladungen der Polizei nicht nachkommen. Verpflichtend sind nur Vorladungen von Staatsanwaltschaft oder Gericht. Für Zeug*innen allerdings gilt, dass Du bei Vorladungen der Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft erscheinen musst. Suche Dir in jedem Fall Beratung, bevor Du etwas unternimmst.
  5. Get support! Wenn Du Post erhältst oder juristisch gegen die Polizeimaßnahme vorgehen möchtest, nimm Kontakt zu Rechtsanwält*innen oder Beratungsstellen auf. Zu Dokumentationszwecken, wenn Du Fragen hast, Deine Geschichte öffentlich machen willst oder andere Unterstützung brauchst, kannst Du Dich auch an uns wenden.
weitere Kontaktadressen:

Ermittlungsausschuss (EA) Hamburg: www.eahh.noblogs.org

Rote Hilfe e.V. Ortsgruppe Hamburg: www.hamburg.rote-hilfe.de

Empower: www.hamburg.arbeitundleben.de/empower